
Interview
Rami & Tomi Kurtakko
Bauen im Eis und Schnee
Ein neues Zuhause, das schon immer da war.
Interview
Gustav Ovland
Auf einer schwedischen Immobilien-Website stolperte Gustav über eine ehemalige Kartoffelstärkefabrik. Auf Anhieb wusste er: Er war der neue Eigentümer. Nichts konnte ihn abschrecken: Weder das baufällige Haus, noch das verwilderte Grundstück oder die Fabrikhalle ohne Dach - instinktiv sah Gustav das Potenzial in dieser aufgelassenen Industrieanlage. Hier war seine einmalige Chance, das persönliche Zuhause zu gestalten, das ihm immer schon vorgeschwebt hatte.
Als Unternehmer aus dem Gastgewerbe waren die Gestaltung und der Bau von Umgebungen mit ganz besonderem Flair für Gustav kein Neuland. Ob Restaurant oder Hotel - er hatte schon alles gemacht. Deswegen hatte er ganz klare Vorstellungen, als er sich an die Verwirklichung seines neuesten Projekts mit dem treffenden Namen „Die Stärkefabrik“ machte: Räume in Räumen, ein Mix von Alt und Neu, ein reizvoller Kontrast von Modern und Rustikal.
Die Fabrik selbst stammt aus dem späten 19. Jahrhundert, das Haus aus den frühen 1930er-Jahren. Beide Gebäude waren mehr als 70 Jahre sich selbst überlassen gewesen. Dementsprechend gab es eine reichhaltige Geschichte. Sie sollte sorgfältig einbezogen werden. Die ersten sechs Projektmonate hat Gustav damit verbracht, alles, was es auf dem Grundstück gab, zu sortieren und zu organisieren. Er stapelte alte Ziegelsteine, Dachziegel und Balken. Akribisch katalogisierte er rostige Eisenbeschläge und Werkzeug, alte elektrische Geräte und alles andere, was das riesige Inventar des Geländes barg.
Der nächste Schritt in der praktischen Umsetzung des Projekts sagt viel über Gustavs Leidenschaften aus. Nachdem er das alte Fabrikgebäude aufgeräumt hatte, begann er sofort mit der Umwandlung in eine wunderschöne Gartenlandschaft. Von den neun Bäumen, die innerhalb der dachlosen Fabrikmauern wuchsen, entfernte er sechs. An ihrer Stelle legte er Kräuter-, Gewürz- und Gemüsegärten an. Gustav baute auch eine Outdoor-Küche und einen Essbereich - ein einzigartiger, geselliger Raum mit kontinentalem Flair.
Bei allem, was Gustav im Rahmen des Projekts gebaut oder gestaltet hat, hatte er ein klares Motto vor Augen: Alles muss den Eindruck machen, als sei es schon immer da gewesen. Auch wenn es ganz neu ist. Das verlangt einen Mix aus einem Teil Nachhaltigkeit, zwei Teilen Ästhetik und einer Prise südschwedischem Unternehmergeist.
Gustav veranschaulicht sein Motto gerne mit einer Anekdote: Ein Nachbar und gelernter Maurer hat Gustav beim Bau einer neuen Mauer aus alten Kalksteinziegeln geholfen. Gegen dessen fachmännischen Rat hat Gustav darauf bestanden, die schadhaften, schartigen Seiten der Steine nach außen zu kehren. So hat die Mauer ihr einzigartiges Erscheinungsbild erhalten. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass dünnflüssiger Mörtel anstelle von Universalmörtel verwendet wurde. Bei der fertigen Mauer sind Optik und Haptik tatsächlich so, als ob sie schon immer da gewesen wäre.
Mehr als 50 Freunde, Nachbarn und Fachleute haben bereits Hand angelegt – fantastisches Teamwork, um die Stärkefabrik aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwecken. Alle haben ihr besonderes Know-how eingebracht: von der Altbausanierung mit recycelten Materialien über die Bedeutung der richtigen Materialauswahl bis hin zum Einsatz von optimal geeignetem Werkzeug.
Gustav hat unendlich viel in diesem Prozess gelernt. Seine No-Name-Arbeitshose war beispielsweise nach nur einer Woche Werkeln in der Fabrik verschlissen. Das wurde seine Lektion Nr. 1. Werkzeug, Material oder handwerkliches Können duldet keine Kompromisse. Ohne die Strapazierfähigkeit und Funktionalität seiner Snickers Workwear hätte Gustav das Projekt in der Stärkefabrik nicht verwirklichen können.
ORT: Härnestad, Schweden
BERUF: Unternehmer
FAMILIE: Boris - ein italienischer Mastiff
SOCIAL MEDIA: @starkelsefabrikenh